basis: anmerkungen zur psychiatrie und ihren diagnosen
so. nehmen Sie sich zeit und entspannen Sie sich - es wird jetzt etwas kompliziert.
autismuskritik ist absicht dieses blogs - warum denn dieses? sind autistInnen nicht diese sprachlosen kinder, die ihren schädel ständig gegen die wand hämmern? oder jene liebenswert-exzentrischen asperger-autistInnen, die teils imponierende kognitive oder "kreative" fähigkeiten besitzen?
vergessen Sie solche und ähnliche klischees - es gibt autismus zwar a u c h in solchen erscheinungsformen wie oben skizziert, und mit derlei bildern wird autismus auch von vielen menschen assoziiert ( "rain man" und albert einstein lassen grüßen). tatsächlich aber gibt es plausible gründe und indizien dafür, autismus (als synonym für weitgehende bzw. totale beziehungsunfähigkeit und empathielosigkeit) bzw. autistische zustände als weit verbreiteten ausdruck bzw. möglichen mitverantwortlichen grund diverser katastrophaler gesellschaftlicher entwicklungen anzusehen. darunter besonders solche, welche die allgemein soziale und ganz konkret die zwischenmenschliche ebene von beziehungen aller art betreffen.
bevor wir darangehen können, uns das genauer anzuschauen, ist allerdings einige vorarbeit nötig. vorarbeit z.b. hinsichtlich des begriffs von psychiatrischen diagnosen.
ich werde im weiteren verlauf dieses blogs besonders auf folgende diagnostische begriffe immer wieder zurückkommen - angegeben ist der gerade jeweils gültige "offizielle" diagnostische code der aktuellsten deutschen icd-10 :
hinter der obigen liste von diagnostischen begriffen verbergen sich neben teils wüsten und erbitterten auseinandersetzungen von psychiatern bzw. psychotherapeutInnen aller möglichen schulen ebenso unermeßliches leid - wobei der begriff "betroffene" bei einigen dieser diagnosen nicht so sehr die "eigentlich betroffenen" als vielmehr ihr jeweiliges engeres oder auch weiteres soziales umfeld meint -, als auch eine verwirrende vielzahl von definitionen und abgrenzungen, die teilweise eindeutig ideologischer art sind. dazu spielt das thema zwischenmenschlicher gewalt in ihren verschiedenen formen eine gewichtige, ja sogar zentrale rolle. und so ziemlich alle oben gelisteten diagnosen besitzen in ihren jeweiligen zentralen symptomen ein mehr oder weniger offen sichtbares moment an gewaltigen einschränkungen der beziehungsfähigkeit(-en) im weitesten sinne.
psychiatrie - ein fall für sich
wer sich die geschichte der westlichen institutionalisierten psychiatrie genauer anschaut, besonders ihre traurigen und negativen "höhepunkte" bspw. in gestalt der militärpsychiatrie , der nationalsozialistischen "euthanasie"-aktion "T4" sowie der willigen (selbst-)instrumentalisierung zur durchsetzung genormter begriffe von gesundheit und krankheit und der stigmatisierung alles davon abweichenden (von therapeutischen methoden wie schockbehandlungen und psychopharmaka gar nicht erst zu reden), wird nicht umhin kommen, gegenüber diesem ganzen bereich eine gesunde skepsis zu entwickeln. ließe sich nun klipp und klar sagen, dass die diagnostischen konstruktionen und modelle dieser institution gänzlich an den haaren herbeigezogen wären, so würde das etliches sicherlich einfacher machen. jedoch: trotz der kenntnis all der zweifelhaften bis völlig abzulehnenden seiten der orthodoxen psychiatrie ist es imo nachweislich so, dass es viele der in den diagnostischen katalogen erfassten phänomene tatsächlich gibt. und bis auf weiteres sehe ich kein anderes instrumentarium - auch keine andere sprache - zur verfügung stehen als eben das, welches der psychiatrie entstammt.
skepsis ist also sozusagen als grundhaltung angebracht. diagnostische konzepte zb. sind imo grundsätzlich als komplexitätsreduzierende modelle anzusehen, von denen es üblicherweise keinerlei modellgetreue 1:1-umsetzungen in der realität gibt. ebenso ist stets ein bestimmter gehalt an - meist gesellschaftstragender - ideologie miteinzubeziehen, genauso wie die regelmässig unterschlagenen subjektiven motivationen und einschätzungen, die in derlei modelle einfließen.
aber wie schon gesagt: ich halte trotz allem immer weniger davon, das, was als "wahnsinn" in dieser kultur bezeichnet wird, zu verharmlosen oder zu glorifizieren. eine besonders aus den linkeren teilen des politischen spektrums stammende sichtweise, die sich teils auch in der sog. antipsychiatrie manifestiert hat (und theoretisch stark von leuten wie michel foucault beeinflusst wurde), hat sicher in bestimmten bereichen der psychiatriekritik notwendiges geleistet. aber mit der konstruktion eines bildes vom wahnsinnigen menschen als quasi heroischem outdrop, der mit seiner verrückten art ein mörderisches system ins leere laufen lässt, an die stelle berechtigt demontierter mythen letztlich nur neue gesetzt. und das könnte ein gewaltiges eigentor in der hinsicht gewesen sein, dass sich eine progressiv gemeinte linke psychiatriekritik damit unfreiwillig an der vernebelung äußerst bedrohlicher gesellschaftlicher entwicklungen beteiligt. (ein strukturell ähnliches phänomen lässt sich im übrigen auch an der bis heute in gewissen linken kreisen üblichen verharmlosung bzw. glorifizierung von (historischen) piraten aufzeigen -in der realität ist es so, das die weitaus meisten piraten bis heute durchaus treffend als mörder, plünderer und vergewaltiger bezeichnet werden können, denen ihre soziale mitwelt schlicht am arsch vorbeigeht. piratenflaggen mögen zwar etwas "verwegenes" transportieren, sind jedoch faktisch ein symbol für massiv antisoziales verhalten.)
das alles ist als notwendige einführung meiner meinung nach nötig. auch, um etwas deutlicher zu machen, aus welchen perspektiven ich hier schreibe.
ein weiteres: viele detaillierte informationen zu den einzelnen diagnostischen konzepten, gerade über die jeweiligen auseinandersetzungen dazu, kann ich hier nur fragmentarisch und in einzelfällen einbringen. die vorhandene literatur zu den hier thematisierten bereichen füllt ganze bibliotheken. und der/die interessierte leserIn sei deshalb zum einstieg an die hier geposteten links verwiesen.
autismuskritik ist absicht dieses blogs - warum denn dieses? sind autistInnen nicht diese sprachlosen kinder, die ihren schädel ständig gegen die wand hämmern? oder jene liebenswert-exzentrischen asperger-autistInnen, die teils imponierende kognitive oder "kreative" fähigkeiten besitzen?
vergessen Sie solche und ähnliche klischees - es gibt autismus zwar a u c h in solchen erscheinungsformen wie oben skizziert, und mit derlei bildern wird autismus auch von vielen menschen assoziiert ( "rain man" und albert einstein lassen grüßen). tatsächlich aber gibt es plausible gründe und indizien dafür, autismus (als synonym für weitgehende bzw. totale beziehungsunfähigkeit und empathielosigkeit) bzw. autistische zustände als weit verbreiteten ausdruck bzw. möglichen mitverantwortlichen grund diverser katastrophaler gesellschaftlicher entwicklungen anzusehen. darunter besonders solche, welche die allgemein soziale und ganz konkret die zwischenmenschliche ebene von beziehungen aller art betreffen.
bevor wir darangehen können, uns das genauer anzuschauen, ist allerdings einige vorarbeit nötig. vorarbeit z.b. hinsichtlich des begriffs von psychiatrischen diagnosen.
ich werde im weiteren verlauf dieses blogs besonders auf folgende diagnostische begriffe immer wieder zurückkommen - angegeben ist der gerade jeweils gültige "offizielle" diagnostische code der aktuellsten deutschen icd-10 :
- asperger-autismus F84.5
- atypischer autismus F84.1
- (alexithymie, ein begriff, der eher ein phänomen beschreibt - das nicht-lesen-können von gefühlen, welches sich durchaus auch zb. bei den autistischen störungen oder auch der schizoiden ps beobachten lässt. der begriff und seine benutzung sind aber durchaus interessant, daher taucht er hier auch auf.)
- borderline (-persönlichkeitsstörung, -syndrom) *bps F60.3- (und folgende)
- aufmerksamkeitsdefizitsyndrom *ad(h)s F90.0
- posttraumatische belastungsstörung *ptbs F43.1
- schizoide persönlichkeitsstörung F60.1
- antisoziale bzw. dissoziale persönlichkeitsstörung (soziopathie) F60.2
- narzisstische persönlichkeitsstörung *nps F60.8
- dissoziative persönlichkeitsstörungen (bekannter als "multiple persönlichkeit") F44.- (und folgende)
hinter der obigen liste von diagnostischen begriffen verbergen sich neben teils wüsten und erbitterten auseinandersetzungen von psychiatern bzw. psychotherapeutInnen aller möglichen schulen ebenso unermeßliches leid - wobei der begriff "betroffene" bei einigen dieser diagnosen nicht so sehr die "eigentlich betroffenen" als vielmehr ihr jeweiliges engeres oder auch weiteres soziales umfeld meint -, als auch eine verwirrende vielzahl von definitionen und abgrenzungen, die teilweise eindeutig ideologischer art sind. dazu spielt das thema zwischenmenschlicher gewalt in ihren verschiedenen formen eine gewichtige, ja sogar zentrale rolle. und so ziemlich alle oben gelisteten diagnosen besitzen in ihren jeweiligen zentralen symptomen ein mehr oder weniger offen sichtbares moment an gewaltigen einschränkungen der beziehungsfähigkeit(-en) im weitesten sinne.
psychiatrie - ein fall für sich
wer sich die geschichte der westlichen institutionalisierten psychiatrie genauer anschaut, besonders ihre traurigen und negativen "höhepunkte" bspw. in gestalt der militärpsychiatrie , der nationalsozialistischen "euthanasie"-aktion "T4" sowie der willigen (selbst-)instrumentalisierung zur durchsetzung genormter begriffe von gesundheit und krankheit und der stigmatisierung alles davon abweichenden (von therapeutischen methoden wie schockbehandlungen und psychopharmaka gar nicht erst zu reden), wird nicht umhin kommen, gegenüber diesem ganzen bereich eine gesunde skepsis zu entwickeln. ließe sich nun klipp und klar sagen, dass die diagnostischen konstruktionen und modelle dieser institution gänzlich an den haaren herbeigezogen wären, so würde das etliches sicherlich einfacher machen. jedoch: trotz der kenntnis all der zweifelhaften bis völlig abzulehnenden seiten der orthodoxen psychiatrie ist es imo nachweislich so, dass es viele der in den diagnostischen katalogen erfassten phänomene tatsächlich gibt. und bis auf weiteres sehe ich kein anderes instrumentarium - auch keine andere sprache - zur verfügung stehen als eben das, welches der psychiatrie entstammt.
skepsis ist also sozusagen als grundhaltung angebracht. diagnostische konzepte zb. sind imo grundsätzlich als komplexitätsreduzierende modelle anzusehen, von denen es üblicherweise keinerlei modellgetreue 1:1-umsetzungen in der realität gibt. ebenso ist stets ein bestimmter gehalt an - meist gesellschaftstragender - ideologie miteinzubeziehen, genauso wie die regelmässig unterschlagenen subjektiven motivationen und einschätzungen, die in derlei modelle einfließen.
aber wie schon gesagt: ich halte trotz allem immer weniger davon, das, was als "wahnsinn" in dieser kultur bezeichnet wird, zu verharmlosen oder zu glorifizieren. eine besonders aus den linkeren teilen des politischen spektrums stammende sichtweise, die sich teils auch in der sog. antipsychiatrie manifestiert hat (und theoretisch stark von leuten wie michel foucault beeinflusst wurde), hat sicher in bestimmten bereichen der psychiatriekritik notwendiges geleistet. aber mit der konstruktion eines bildes vom wahnsinnigen menschen als quasi heroischem outdrop, der mit seiner verrückten art ein mörderisches system ins leere laufen lässt, an die stelle berechtigt demontierter mythen letztlich nur neue gesetzt. und das könnte ein gewaltiges eigentor in der hinsicht gewesen sein, dass sich eine progressiv gemeinte linke psychiatriekritik damit unfreiwillig an der vernebelung äußerst bedrohlicher gesellschaftlicher entwicklungen beteiligt. (ein strukturell ähnliches phänomen lässt sich im übrigen auch an der bis heute in gewissen linken kreisen üblichen verharmlosung bzw. glorifizierung von (historischen) piraten aufzeigen -in der realität ist es so, das die weitaus meisten piraten bis heute durchaus treffend als mörder, plünderer und vergewaltiger bezeichnet werden können, denen ihre soziale mitwelt schlicht am arsch vorbeigeht. piratenflaggen mögen zwar etwas "verwegenes" transportieren, sind jedoch faktisch ein symbol für massiv antisoziales verhalten.)
das alles ist als notwendige einführung meiner meinung nach nötig. auch, um etwas deutlicher zu machen, aus welchen perspektiven ich hier schreibe.
ein weiteres: viele detaillierte informationen zu den einzelnen diagnostischen konzepten, gerade über die jeweiligen auseinandersetzungen dazu, kann ich hier nur fragmentarisch und in einzelfällen einbringen. die vorhandene literatur zu den hier thematisierten bereichen füllt ganze bibliotheken. und der/die interessierte leserIn sei deshalb zum einstieg an die hier geposteten links verwiesen.
monoma - 8. Aug, 16:17