assoziationen...
...als neue rubrik - mir selbst fehlt hier ein teil, und zwar schlicht all das, was meine ganz eigenen erfahrungen mit dem ganzen hier thematisierten ausmacht. sicher mögen die bisherigen beiträge für viele informativ sein und bestenfalls die eigene neugier motivieren, sich mit den dargestellten bereichen näher zu beschäftigen (was imo bitter, bitter, bitter notwendig ist!) - aber wirklich relevant wird etwas nur dann, wenn es sich mit den ganz eigenen erfahrungen sozusagen kurzschließen lässt. und dafür braucht es platz, den diese rubrik bieten soll.
gleichfalls möchte ich für mich über das stadium des dezenten zynismus herauskommen, mit dem ich viele beiträge ganz bewußt einfärbe - es ist schlicht selbstschutz, um etwas abzuwehren, was ich als zunehmend bedrückend und eindeutig bedrohlich empfinde. dieser blog beschäftigt sich letztlich nicht mit intellektuellen spielereien, sondern versucht, einige gleichzeitig sehr offensichtliche und dennoch auf eigenartige weise im verborgenen ablaufende soziale prozesse zu reflektieren. soziale prozesse, die eine eindeutig destruktive tendenz besitzen. und solches lässt sich nicht wirklich von einem selbst fernhalten - nur zum preis des weitgehenden verlustes eigener wahrnehmungsfähigkeiten. aber an dieser stelle genug theoretisiert.
*
assoziationen können und sollten imo sogar einen "verrückten" anteil besitzen, wenn sie weiteres bewirken sollen - von daher also...
ich bin beim stöbern im netz auf einen artikel der frankfurter allgemeine vom 29.07.04 aufmerksam geworden, thema ist der "mensch nach hartz IV" - auzüge:
„Ökonomisch eigenverantwortlich betrachtet, zahlt es sich da für Langzeitarbeitslose und solche, die es werden können, nicht mehr aus, anders als im Augenblick und allein zu leben. (...) Alles Geld, das in einer ‚Bedarfsgemeinschaft‘ von Eltern, Kindern, Gatten oder Lebensgefährten verdient wird, geht von dem eigenen Anspruch ab. So kommen Ehen, Partnerschaften, Groß- und Kleinfamilien, Patchworkverhältnisse aller Art auf den Prüfstand (...). Das Familienmodell zahlt sich nur aus, wenn noch kleine Kinder im Spiel sind.“ (...) "Hartz IV fördert die zeitliche und räumliche Zersplitterung der Gesellschaft. Seine Zielvorstellung ist die Monade. Der Menschentypus, den Hartz IV favorisiert, ist der Einzelkämpfer, der alle Brücken hinter sich abgebrochen hat und weiter fortlaufend abbricht.“
"nicht anders als im augenblick und alleine"...."zersplitterung"...."monade"...."einzelkämpfer"
was für ein typ mensch wird da gefördert? welche eigenschaften sind z.b. gefragt, wenn gefordert wird, für die rein ökonomische existenz von heute auf morgen notfalls den ort zu wechseln, unter hinnahme des verlustes aller sozialen bezüge (was übrigens durchaus als traumatisch im strengen sinne erlebt werden kann)? welche psychophysischen züge sind dafür wohl am nützlichsten?
beziehungsfähigkeit z.b. wohl kaum - die dürfte für derlei eher hinderlich sein.
wie steht es noch in einem positionspapier des "arbeitskreises post-autistische ökonomie" zu lesen:
"Das Menschenbild des Homo Oeconomicus ist autistisch: Die sozialen und kooperativen Wesenszüge des Menschen bestimmen ebenfalls sein Handeln."
nicht anders als im augenblick und alleine...
in dem recht bekannten, schon etwas älteren buch "ich hasse dich - verlaß´ mich nicht", welches im deutschen sprachraum immer noch eines der populärsten bücher zum thema borderline ist, ist u.a. folgendes zu lesen (ich zitiere hier aus dem buch von mertz - siehe literaturliste -, s. 64, da mir das original von kreisman und strauß gerade nicht vorliegt):
"Für den Betroffenen gibt es kein Entrinnen aus dem `Jetzt´, auch nicht für eine kurze Pause und Neueinschätzung. Die Wirklichkeit ist...`ein endloser Augenblick...eine Treppe, die weder nach oben noch nach unten führt, wir bewegen uns nicht, heute ist heute, immer ist heute´...Wer sie (Borderline-Persönlichkeit) heute ist (und was sie tut) bestimmt ihren Wert...Da die Betroffene sich als statisch wahrnimmt, statt in einem dynamischen Zustand der Veränderung, kann sie jede Abweichung von diesem unbeweglichen Selbstbild als vernichtend ansehen. Umgekehrt kann die Borderline-Persönlichkeit Befriedigung in der entgegengesetzten Richtung suchen...durch den häufigen Wechsel von Beruf, Karriere, Zielen, Freunden und manchmal sogar des Geschlechts...Die Identität der Borderline-Persönlichkeit hat etwa die Form von Wackelpudding: Sie kann in jede beliebige Form gebracht werden, aber sie rinnt durch die Finger, wenn man versucht, sie festzuhalten".
der heutzutage allseits - oder besser, von unseren herrschenden sog. "eliten" - geforderte flexible, mobile, sich-selbst-managende mensch, der sich das prinzip "ich-ag" zum lebensmotto macht - und (sich) inszeniert, simuliert, anpassungsfähig an alle möglichen realitäten ist - aber das alles, ohne einen tatsächlichen bezug zu diesen realitäten zu besitzen - denn das würde diese im modernen kapitalismus geforderten eigenschaften grundsätzlich sabotieren - soziale bezüge, "verwurzelung" an einem als zuhause empfundenen ort, ein lebensrhytmus nach der eigenen (körper-)zeit und anderes - all das ist letztlich und in seiner konsequenz inkompatibel mit den anforderungen (ich würde eher sagen: zumutungen), die der offizielle westliche lebensstil stellt.
die "monade" ist dabei ein deutlicher hinweis auf etwas, was sich durchaus berechtigt als autistische kernlosigkeit bezeichnen lässt. (und in dieser richtung liegt auch das, was im zitat oben als "sich statisch wahrnimmt" bezeichnet wird. der "dynamische zustand der veränderung" ist von den autoren hier als veränderung innerhalb eines kontinuierlichen selbstgefühls gemeint, ein besserer begriff dafür ist imo "inneres wachstum" - nicht, dass das irgendjemand mit den heute gebräuchlichen ideologischen phrasen von "dynamik" und "veränderung" verwechselt).
borderline als eine zwar anders als die "klassischen" autistischen krankheitsbilder organisierte, aber ebenfalls im kern autistische störung betrachtet (das wird noch genauer ausgeführt werden), würde dabei eine art modellvorstellung (der begriff "borderline-gesellschaft" kommt nicht von ungefähr) abgeben für die geforderte quasi-mutation, die in diesem system heute verlangt wird. und daswürde könnte wiederum bedeuten, dass die psychiatrisch erfassten borderline-menschen hauptsächlich aus denen bestehen, bei denen diese "mutation" nicht erfolgreich bzw. unauffällig vor sich gegangen ist (ganz davon abgesehen, dass sich viele traumatisierte menschen zu unrecht unter diesem diagnostischen label wiederfinden).
wie gesagt, ich assoziiere - aber ich fürchte aus vielerlei wahrnehmungen heraus, dass am obigen, so verrückt es auch klingen mag, ein sehr realer anteil tatsächlich existiert.
gleichfalls möchte ich für mich über das stadium des dezenten zynismus herauskommen, mit dem ich viele beiträge ganz bewußt einfärbe - es ist schlicht selbstschutz, um etwas abzuwehren, was ich als zunehmend bedrückend und eindeutig bedrohlich empfinde. dieser blog beschäftigt sich letztlich nicht mit intellektuellen spielereien, sondern versucht, einige gleichzeitig sehr offensichtliche und dennoch auf eigenartige weise im verborgenen ablaufende soziale prozesse zu reflektieren. soziale prozesse, die eine eindeutig destruktive tendenz besitzen. und solches lässt sich nicht wirklich von einem selbst fernhalten - nur zum preis des weitgehenden verlustes eigener wahrnehmungsfähigkeiten. aber an dieser stelle genug theoretisiert.
*
assoziationen können und sollten imo sogar einen "verrückten" anteil besitzen, wenn sie weiteres bewirken sollen - von daher also...
ich bin beim stöbern im netz auf einen artikel der frankfurter allgemeine vom 29.07.04 aufmerksam geworden, thema ist der "mensch nach hartz IV" - auzüge:
„Ökonomisch eigenverantwortlich betrachtet, zahlt es sich da für Langzeitarbeitslose und solche, die es werden können, nicht mehr aus, anders als im Augenblick und allein zu leben. (...) Alles Geld, das in einer ‚Bedarfsgemeinschaft‘ von Eltern, Kindern, Gatten oder Lebensgefährten verdient wird, geht von dem eigenen Anspruch ab. So kommen Ehen, Partnerschaften, Groß- und Kleinfamilien, Patchworkverhältnisse aller Art auf den Prüfstand (...). Das Familienmodell zahlt sich nur aus, wenn noch kleine Kinder im Spiel sind.“ (...) "Hartz IV fördert die zeitliche und räumliche Zersplitterung der Gesellschaft. Seine Zielvorstellung ist die Monade. Der Menschentypus, den Hartz IV favorisiert, ist der Einzelkämpfer, der alle Brücken hinter sich abgebrochen hat und weiter fortlaufend abbricht.“
"nicht anders als im augenblick und alleine"...."zersplitterung"...."monade"...."einzelkämpfer"
was für ein typ mensch wird da gefördert? welche eigenschaften sind z.b. gefragt, wenn gefordert wird, für die rein ökonomische existenz von heute auf morgen notfalls den ort zu wechseln, unter hinnahme des verlustes aller sozialen bezüge (was übrigens durchaus als traumatisch im strengen sinne erlebt werden kann)? welche psychophysischen züge sind dafür wohl am nützlichsten?
beziehungsfähigkeit z.b. wohl kaum - die dürfte für derlei eher hinderlich sein.
wie steht es noch in einem positionspapier des "arbeitskreises post-autistische ökonomie" zu lesen:
"Das Menschenbild des Homo Oeconomicus ist autistisch: Die sozialen und kooperativen Wesenszüge des Menschen bestimmen ebenfalls sein Handeln."
nicht anders als im augenblick und alleine...
in dem recht bekannten, schon etwas älteren buch "ich hasse dich - verlaß´ mich nicht", welches im deutschen sprachraum immer noch eines der populärsten bücher zum thema borderline ist, ist u.a. folgendes zu lesen (ich zitiere hier aus dem buch von mertz - siehe literaturliste -, s. 64, da mir das original von kreisman und strauß gerade nicht vorliegt):
"Für den Betroffenen gibt es kein Entrinnen aus dem `Jetzt´, auch nicht für eine kurze Pause und Neueinschätzung. Die Wirklichkeit ist...`ein endloser Augenblick...eine Treppe, die weder nach oben noch nach unten führt, wir bewegen uns nicht, heute ist heute, immer ist heute´...Wer sie (Borderline-Persönlichkeit) heute ist (und was sie tut) bestimmt ihren Wert...Da die Betroffene sich als statisch wahrnimmt, statt in einem dynamischen Zustand der Veränderung, kann sie jede Abweichung von diesem unbeweglichen Selbstbild als vernichtend ansehen. Umgekehrt kann die Borderline-Persönlichkeit Befriedigung in der entgegengesetzten Richtung suchen...durch den häufigen Wechsel von Beruf, Karriere, Zielen, Freunden und manchmal sogar des Geschlechts...Die Identität der Borderline-Persönlichkeit hat etwa die Form von Wackelpudding: Sie kann in jede beliebige Form gebracht werden, aber sie rinnt durch die Finger, wenn man versucht, sie festzuhalten".
der heutzutage allseits - oder besser, von unseren herrschenden sog. "eliten" - geforderte flexible, mobile, sich-selbst-managende mensch, der sich das prinzip "ich-ag" zum lebensmotto macht - und (sich) inszeniert, simuliert, anpassungsfähig an alle möglichen realitäten ist - aber das alles, ohne einen tatsächlichen bezug zu diesen realitäten zu besitzen - denn das würde diese im modernen kapitalismus geforderten eigenschaften grundsätzlich sabotieren - soziale bezüge, "verwurzelung" an einem als zuhause empfundenen ort, ein lebensrhytmus nach der eigenen (körper-)zeit und anderes - all das ist letztlich und in seiner konsequenz inkompatibel mit den anforderungen (ich würde eher sagen: zumutungen), die der offizielle westliche lebensstil stellt.
die "monade" ist dabei ein deutlicher hinweis auf etwas, was sich durchaus berechtigt als autistische kernlosigkeit bezeichnen lässt. (und in dieser richtung liegt auch das, was im zitat oben als "sich statisch wahrnimmt" bezeichnet wird. der "dynamische zustand der veränderung" ist von den autoren hier als veränderung innerhalb eines kontinuierlichen selbstgefühls gemeint, ein besserer begriff dafür ist imo "inneres wachstum" - nicht, dass das irgendjemand mit den heute gebräuchlichen ideologischen phrasen von "dynamik" und "veränderung" verwechselt).
borderline als eine zwar anders als die "klassischen" autistischen krankheitsbilder organisierte, aber ebenfalls im kern autistische störung betrachtet (das wird noch genauer ausgeführt werden), würde dabei eine art modellvorstellung (der begriff "borderline-gesellschaft" kommt nicht von ungefähr) abgeben für die geforderte quasi-mutation, die in diesem system heute verlangt wird. und das
wie gesagt, ich assoziiere - aber ich fürchte aus vielerlei wahrnehmungen heraus, dass am obigen, so verrückt es auch klingen mag, ein sehr realer anteil tatsächlich existiert.
monoma - 19. Aug, 11:41